Bericht über die Faserschulung im POLOLO-ShowRoom, Teil 4

Zum Abschluss unserer Faserschulung standen die Naturfaser Hanf und ein paar kurze Ausführungen zum Thema “Grüner Knopf” auf dem Programm. In Asien soll es schon vor gut 12.000 Jahren erste Hanfstoffe gegeben haben, erzählte Gastsprecherin Heike Hess, Geschäftsstellenleiterin des Verbands der Internationalen Naturtextilwirtschaft (IVN).

Hanf-Verbotsphase führte zu Verlust an technischem Know-how

Auf dem Gebiet Deutschlands habe es vor etwa 7.000 Jahren erste Hanfsamen gegeben. 1937 sei erstmalig in den USA Hanf (Cannabis) verboten worden, weil er mit dem Rauschgift Marihuana in Verbindung gebracht worden sei. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe Hanf als Material in Folge technischer Neuerungen an Bedeutung verloren. In Deutschland sei der Anbau 1982 verboten worden. Trotz der Aufhebung des Verbots 1996 habe diese Verbotsphase zu einem Verlust an technischem Know-how geführt. Auch dieser Vortrag wurde auf Video festgehalten: „Hanf – Die universell einsetzbare Naturfaser“.

Jährlich fast 200.000 Tonnen Hanf aus China

Heute macht Hanf laut Hess nur noch knapp ein Prozent der weltweit eingesetzten Textil-Materialien aus. China sei heute Weltmarktführer mit Wissen und Technologie sowie dem größten Anbaugebiet – mit geschätzt 100.000 Hektar werde ein Ausstoß von unter 200.000 Tonnen jährlich erzielt. Im Vergleich: Europa habe grob geschätzt ein gutes Zehntel des Anbaugebietes und ein knappes Zehntel des Ausstoßes. An dritter Stelle folge Kanada.

Hanf – überwiegend positive Eigenschaften

Hanf gilt als universell einsetzbarer Rohstoff (Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika, Textilien und Sonstiges, darunter Papiere und Baustoffe). Die Materialeigenschaften seien herausragend: Die hohe Reißfestigkeit nehme bei Feuchtigkeit sogar noch zu. Die Feuchtigkeitsaufnahme und -abgabe sei höher als bei anderen Fasern. Hanf knittere weniger als etwa Leinen oder Baumwolle. Auch komme es zu keiner elektrostatischen Aufladung und somit zu keiner Reizung der Haut. Bei vergleichbarer Stoffdichte habe Hanf einen höheren UV-Schutzeffekt als andere Stoffe. Einzig die langsame Verrottung könnte als nachteilig angesehen werden.

Rundum verwendbarer, robuster und genügsamer Naturmaterial-Lieferant

Beim traditionellen Anbau sei eigentlich kein Einsatz von Düngern oder Pflanzenschutzmitteln nötig – sie würden im industriellen Anbau aber dennoch eingesetzt; ferner auch Wachstumshormone. Bei der sogenannten Röste (Gewinnung von Pflanzenfasern) würden zum Teil auch Fungizide verwendet (Wasser-Röste) – generell sei bei der Röste mit Wasser oder Chemikalien ein hoher Wasserverbrauch bzw. Chemikalieneinsatz zu verzeichnen. Der Anbau von Bio-Hanf setze vor allem auf mechanische Maßnahmen, gesunde Böden und einen größeren Pflanzenabstand. Ein Problem weise der vermehrte Anbau von Bio-Hanf heute allerdings auf: Naturschutzgebieten wie Taiga oder Tundra drohe die Zerstörung. Für die Verwendung von Hanf, insbesondere Bio-Hanf, spricht aber laut Hess, dass die gesamte Pflanze verwendet und ein hoher Flächenertrag erzielt werden kann. Hanf gelte als Pionierpflanze – er sei robust und genügsam.

GRÜNER KNOPF: Mensch und Umwelt entlang der Lieferkette im Fokus

Zum Abschluss des offiziellen Teils berichteten Franziska Kuntze und Heike Hess noch über die neue Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) „GRÜNER KNOPF“.

Eingestürztes Fabrikgebäude in Bangladesch rüttelte auf

Diese Initiative geht auf das fatale Unglück des einstürzenden Fabrikgebäudes „Rana Plaza“ in Bangladesch im Jahr 2013 zurück, bei dem mehr als 1.100 Menschen den Tod fanden und über 2.000 z.T. schwer verletzt wurden. Dieses Ereignis hat viele Menschen in Europa aufgerüttelt und ihnen vor Augen geführt, unter welchen unerträglichen Bedingungen in den Ländern der sogenannten Dritten Welt größtenteils ihre Textilien hergestellt werden.

Ein Zeichen der sozialen und ökologischen Verantwortung

Das BMZ gründete daraufhin 2014 das „Bündnis für nachhaltige Textilien“ und stellte 2015 das Vergleichsportal „Siegelklarheit“ online. 2019 wurde das unabhängige Zertifizierungsverfahren „GRÜNER KNOPF“ auf den Weg gebracht – mit dem Ziel, Mensch und Umwelt entlang der gesamten Lieferkette etwas besser zu schützen.